Dienstag, 7. Januar 2014

gescheitert

Ich bin bekennender Knopf-im-Ohr-Läufer. Ich kann zwar auch ohne und Vögelgezwitscher, Kuhgemuhe oder Hühnergegacker genießen. Aber ich lass mich genauso gerne durch meine Lieblingsmusik begleiten. Bin ich morgens noch blass um die Nase, hilft A Whiter Shade Of Pale langsam in Gang zu kommen. Mit Sultans Of Swing pendle ich die Tempi beim Intervalltraining aus, lasse  bei Patricia, The Stripper meine Gedanken schweifen und suche zu Go Your Own Way eine geeignete Abkürzung, wenn ich mich mal wieder verlaufen habe. (Move Like Jagger habe ich übrigens noch nicht ausprobiert.) Natürlich geht das alles politisch korrekt und nur in der Lautstärke vonstatten, dass einem das Gebrumme,
Gedröhne oder Geklingel heranrauschender Fahrzeuge nicht entgeht. Klar!

Doch neulich ist was seltsames passiert, was die Gebrauchsfähigkeit des mp3-Players stark einschränkt. Zumindest, wenn man nicht von allen Spaziergängern entgeistert und völlig verständnislos angestarrt werden möchte, so dass man Angst haben muss, die holen gleich die Jungs mit derZwangsjacke. Mir ist nämlich eine Hörbuch in meine Playlist geraten, das Geschichten von Horst Evers enthält. Wäre ich du, würde ich mich lieben. Schöner Titel.

„Och“, denke ich mir noch, „kann ich mir ja auch beim Laufen was erzählen lassen. Was ist schon dabei?“ und lausche, wie der gute Mann in der U-Bahn versucht, Sudokus zu lösen. Ich trabe derweil entspannt den sonnenbeschienen und menschengefluteten Feldweg entlang. Als seine, also Herrn Evers, Sitznachbarin sich einmischt und meint, sie kenne die Lösungszahlen, die seien nämlich 1, 2, 3, 4, 5, 6. 7, 8, und 9, entgleiten mir nicht nur die Gesichtszüge, ich komme vor Lachen auch aus dem Tritt. Ich hole tief Luft, muss erneut losprusten und drehe mich erst mal von den Umstehenden weg, um zu mir zu kommen und verschämt die Skip-Taste zu betätigen.

Neuer Anlauf. Ich trabe weiter. Jetzt erzählt Herr Evers von der übel riechenden Chicorée-Salami, der hübschen Paketpostbotin und dem neuen Mieter des Souterrain. So weit, so gut, so getrabt. Aber als dieser Mieter erklärt, er wolle eine Youth-Hostel, die er konsequent Dschus-Hostel (wie Juice) ausspricht, also eine Saft-Herberge, eröffnen, kann ich wieder nicht an mich halten und breche erneut vor Lachen fast zusammen. Beim original Berliner Bubble-Tea mit Mini-Buletten in den Geschmacksrichtungen Tempelhof, Neukölln und Marzahn statt asiatischer Tee-Bläschen das gleiche Drama. Und als Herr Evers beim Kreuzworträtsel hilft, das als falschen Eintrag unter „Hase, männlich“ Haserich stehen hat, weil Rammler ein zu garstiges Wort sei, ist die Laufeinheit für diesen Tag vollends gescheitert. Obwohl - Das Zwerchfell wurde schon trainiert. Ausgiebigst.

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